Reitsportwettbewerbe nach dem Krieg

Im Juli 1948 wurde der Reit- und Fahrverein St. Georg Alpen zu neuem Leben erweckt, spätestens ab 1950 fanden wieder Turniere und Fuchsjagden statt. Neben den Turnierplätzen in Sonsbeck und Veen trat auch der ehemalige Bönninghardter Flugplatz wieder in Erscheinung. Ein besonderes reitsportliches Ereignis im damaligen Kreis Moers war der Wettbewerb um das "Silberne Pferd", ein Halbblutrennen  über eine Distanz von 2000 Metern. Die Firmen Underberg und Lemken traten offenbar als größte Sponsoren dieser Veranstaltungen auf.

Überreichung des "Silbernen Pferdes" an Gerd Höfer, RV St. Georg Alpen, 1954 (v. l. n. r.: J. Polm, W. Eloo, G. Höfer, V. Lemken, H. Heix, H. Hüsch und H. Hoogen)

Der RV St. Georg Alpen richtete in den frühen fünfziger Jahren auf der Hei einige Turniere in Zusammenarbeit mit dem RV "Ziethen" Issum aus, bis im Jahr 1954 eine schwere Geländeprüfung ein Todesopfer unter den Reitern forderte. Die Ausrichter wurden aufgefordert, diese Prüfung künftig nicht mehr zu veranstalten. Hiermit endete die Geschichte des Reitsports auf der Alpischen Kuhweide endgültig.

 

Aufbau auf der Bönninghardt

Wie bereits angedeutet, waren die Schäden durch alliierten Bombenwurf bzw. Artilleriebeschuß im Ort Bönninghardt gering. Trotzdem wurde nutzbarer Wohnraum sehr bald knapp, auch der Rat der Gemeinde Alpen mußte sich mit dem Zuzug und dem Problem der Unterbringung der Flüchtlinge aus den verlorenen ostdeutschen Gebieten befassen.

"Wohnbunker in Bönninghardt" heißt der - falsche - Titel dieses Fotos der Landesbildstelle aus dem Heimatkalender des Kreises Moers 1967. Die Aufnahme entstand in Bönning. Trotzdem dürfte sie für die Unterbringungssituation vieler Menschen nach dem Krieg am Niederrhein typisch gewesen sein.

Unter Beteiligung des Bundespräsidialamtes konnten allerdings nun, da das sog. Wirtschaftswunder in vollem Glanz und mit eindrucksvollen Produktionszahlen strahlte, durch die öffentliche Hand Bauprogramme besonders bezuschußt werden. Auch in Bönninghardt wurde offenbar ein solches Vorhaben durchgeführt, ab 1958/59 entstand am Nordende des Hoerstgener Weges sowie am Ostrand des ehemaligen Rollfeldes die Neue Siedlung in Kooperation mit der Wohnungsbaugesellschaft "Rheinische Heimstätte" aus Altenessen.

In dieser Zeit fand ein anderer Mittelpunkt des Bönninghardter Lebens allmählich sein Ende: Schon vor dem Krieg hatte festgestanden, daß sich der Betrieb der Venlo-Hamburger Eisenbahn nicht rechnete. Aus diesem Grund expandierte die Streckenführung lediglich bis nach Wesel und wurde nicht weitergeführt. Nach dem Krieg und der Sprengung der Weseler Rheinbrücken existierte sogar nur noch das Teilstück Geldern - Büderich. Nachdem auch der Bönninghardter Bahnhof während und nach dem Krieg wegen des hohen Bedarfs an Beförderungsleistungen stets regen Betrieb verzeichnet hatte, wurde die Personenbeförderung bereits 1955 eingestellt. Kaum zehn Jahre nach den Zerstörungen und Entbehrungen gab es also offenbar günstigere Beförderungsalternativen. Obwohl z. B. in Issum - im Hinblick auf eine künftige mögliche mehrgleisige Nutzung der Strecke - am Wagenberg und am Strohweg neue Brücken gebaut wurden, fand auch der Güterverkehr im März 1967 sein endgültiges Ende. Im Rückblick kann man den Bau von Eisenbahn und Bahnhof ebenfalls als eine Investition in die wirtschaftliche Förderung des Ortes Bönninghardt sehen.

 

Das Munitionslager in der „Leucht"

Es sollte keine zehn Jahre nach dem Abzug der Luftwaffe aus Bönninghardt dauern, bis das benachbarte Waldgebiet, die Leucht, wieder militärische Anlagen aufnahm, dieses Mal allerdings britische. Die Britische Besatzungsbehörde hatte die Leucht 1954 beschlagnahmt, um dort ein Munitionsdepot anzulegen. Die Grundstückseigentümer wurden aufgefordert, von einer weiteren Nutzung und Bewirtschaftung abzusehen. Protesten zum Trotz legten die Briten rund dreißig Lagerplätze für Munition an. Die meisten dieser Plätze hatten eine Größe von 17 x 70 m und lagen größtenteils am Waldweg, Issumer Weg und am Bierweg, aber auch nördlich der Xantener Straße. Wegen Brandgefahr mußten dabei ca. 15 Morgen Wald abgeholzt werden. Das gesamte Gelände war mit hohen Zäunen versehen und durch Wachen mit Hundestreifen gesichert.

Der Feuerwachtturm, der heute noch steht, war offenbar zu diesem Zweck von seinem alten Standort nahe dem Baerlagshof in den nordwestlichen Teil des Waldes versetzt worden. Im Herbst 1965 wurde das Depot überraschend aufgelöst und die Munition in das Depot Brüggen-Bracht transportiert. Die Sicherungs-einrichtungen wurden beseitigt.

Die Lage verschiedener Lagerplätze läßt sich heute noch erkennen, hier und da sind auch noch kleinere Einzäunungen und einige Fundamente von Stabsgebäuden übriggeblieben. Drei Feuerlöschbassins am Bierweg (Wanderweg A 8 und A 10), von denen zwei abgedeckt und eingezäunt sind, existieren heute noch. Trotzdem ist die Leucht seitdem wieder das geschätzte Naherholungsgebiet, nicht nur für die Bewohner der angrenzenden Städte und Gemeinden. Auch hat ein Teckelzuchtverein am Waldrand nahe den ehemaligen Nachtjägerabstellplätzen sein Domizil aufgeschlagen.

 

 

 

 

Modellflieger auf der Hei

Im Jahr 1958 wurde der IGMV (Issumer und Gelderner Modellbauverein) gegründet, der ein Fluggelände in Sevelen nutzte. 1964 trat eine „freie Fliegergruppe“ hinzu, die ihrem Hobby auf dem ehemaligen Flugplatzgelände der Bönninghardt nachging; der Verein benannte sich anschließend in IMV (Issumer Modellbauverein) um und übte sein Hobby künftig dort aus. Seitdem wurden Flugschauen für die Öffentlichkeit sowie Flugwettbewerbe ausgetragen. Bei einer dieser ersten Veranstaltungen wurde ein stolzer Gewinn in Höhe von 300,-- DM erzielt. Der bekannteste Wettbewerb hieß „Goldener Jet“ und wurde von 1966 bis 1968 ausgetragen.

1974 erhielten die Bönninghardter Modellflieger sogar Besuch vom Fernsehen; der WDR fertigte über zwei Drehtage Aufnahmen vom Modellflugbetrieb für die Auftaktsendung der „Hobbythek“.

 

...und doch wieder Flugzeuge auf der Hei: Foto des heutigen MFC Niederrhein

1975 wurde bekannt, daß die Bauarbeiten für die neue linksrheinische Autobahn (damals A 14 bezeichnet) bald in Angriff genommen werden sollten. Hiervon war auch das Bönninghardter Gelände betroffen; der Modellflugbetrieb mußte eingestellt werden. Der mittlerweile zum Modellflugclub Niederrhein e. V. umbenannte Verein zog auf ein Gelände an der Hedgestraße nahe der Schachtanlage Rossenray in Kamp-Lintfort.

 

Der Autobahnbau

Gegen Ende der siebziger Jahre begann der Bau des Teilstücks der Bundesautobahn 57 von Alpen (Anschlußstelle an der Bundesstraße 58) bis zur niederländischen Autobahn A 73 bei Boxmeer. Dieses Teilstück wurde 1982 seiner Bestimmung übergeben. Die Streckenführung berührt auch das ehemalige Flugplatzgelände: Von der Anschlußstelle Alpen in Richtung Goch fahrend, sieht man zunächst nach der Sandgrube rechts den südlichen Abstellbereich und überquert dann den "Wendehammer", hinter dem man das Waldstück des südwestlichen Abstellbereichs erkennt.

Links: Nicht im Originalzustand, aber an einem Originalstandort eines ehemaligen Stabsgebäudes des Flughafens steht diese Hütte im südlichen Abstellbereich. Ihre Bewohner haben sie offenbar nach dem Bau der Autobahn 57 verlassen. Im September 1996 wurde neben der Hütte ein Mobilfunksender errichtet.

Rechts: Von der Brücke des Hoerstgener Weges über die Autobahn erkennt man heute noch die untere Hälfte des "Wendehammers" (rechteckig gerodeter Ausrollbereich) am Ende der Hauptlanderichtung des Rollfeldes. Die obere Hälfte wurde kurz nach dem Krieg wieder aufgeforstet.

 

Das fehlende Teilstück vom Autobahnkreuz Kamp-Lintfort bis zur Anschlußstelle an der B 58 wurde im Oktober 1985 fertiggestellt. Ab diesem Zeitpunkt war die A 57 durchgehend von Köln bis Boxmeer befahrbar.

Mitte Januar 1998 sorgte eine Baumpflanzungsaktion per Ratsbeschluß für Verwunderung bei Teilen der Issumer Bevölkerung. Die Teilstücke des Strohweges von der  B 58 bis zur alten Bahnlinie sowie von der Einmündung des sog. Römerweges (Verbindungsweg zur Niederwalder Straße) bis zur Sonsbecker Gemeindegrenze wurden mit jungen Bäumen bepflanzt. Die öffentlichen Reaktionen wiesen darauf hin, daß es „gerade in dieser Gegend wohl genug Bäume gebe“ und daß die Zufahrt auf die Ackerflächen mit dem Traktor z. T. ernsthaft behindert würde.

 

 

Der Hinweis eines Issumer Gemeinderatsmitglieds läßt indes vermuten, daß nicht der Bau, sondern die Erweiterung des Flughafengeländes angedacht war. Diese Erweiterung wurde aber offenbar erst nach Kriegsende - sofern entsprechende Planungen in Richtung Zivil- oder Militärluftfahrt vorlagen - teilweise ausgeführt und dann plötzlich eingestellt. Hierfür spricht in topographischer Hinsicht die besonders ebene, wahrscheinlich  planierte Beschaffenheit bestimmter Ackerflächen südlich und südwestlich des Start- und Landefeldes, die Ende März 1945 noch weitgehend bewaldet waren. Möglicherweise konkurrierte Bönninghardt Anfang der 50er Jahre in einem Auswahlverfahren der britischen Luftwaffe mit Weeze-Laarbruch. Durch den Bau der Neuen Siedlung ab ca. 1958 sollte solchen Planungsvorhaben der Besatzungsmacht vermutlich ein siedlungspolitischer ziviler Riegel vorgeschoben werden.

 

Auch auf der anderen Seite der B 58 wurden durch die Stadt Kamp-Lintfort zeitgleich Bepflanzungen durchgeführt, die - nach der Lage ehemaliger Stabsgebäude und Flugzeugabstellbereiche zu urteilen - die Tarnung dieser Gebäude und Plätze nach mehr als fünf Jahrzehnten zum Teil quasi "nachholten".

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Eheleute Josefine und Rudolf Cleve veröffentlichten im März 1996 eine dreiteilige Artikelreihe über die Geschichte des Bönninghardter Flughafens. Diese Reihe nahm der Autor als Ausgangspunkt für seine Website.

 

Am 13. Januar 2001 ging ein anderes Kapitel Bönninghardter Geschichte zu Ende: Die Eheleute Cleve, Autoren des dreiteiligen Zeitungsartikels über den Flugplatz aus 1996, stellten den Betrieb ihrer Tankstelle sowie des Lebensmittelladens ein. Der einstige Kolonial-warenladen der Familie Krämer hatte bereits in den zwanziger Jahren existiert, die Tankstelle wurde am 1. August 1939 eröffnet. Wenige Monate später wurde der Lebensmittelladen von einem neuen Inhaber wiedereröffnet; tanken müssen die Bönninghardter jetzt anderswo.

 

Ende Juli 2001 wurde auf dem ehemaligen Start- und Landefeld eine LKW-Zufahrt zur Kiesgrube vorbereitet. Die Bönninghardter Kiesgrube war im Jahr 2000 auch Austragungsort eines Geländetrials für motorisierte Zweiräder. Schon in den siebziger Jahren wurden solche Veranstaltungen nach der Erntezeit auf den Feldern hinter dem Gebäude der früheren Molkereigenossenschaft bestritten.

Der Bereich um die Autobahnauffahrt zur BAB 57 entwickelte sich insbesondere gegenüber der Gaststätte Pötters mit den Jahren zum Abstellplatz für Fahrgemeinschaften. Eine Versperrung des Radweges sowie eine gewisse Gefahr von Auffahrunfällen waren stets zu befürchten. Ab Ende September 2003 wurde daher ein Pendlerparkplatz mit siebenundneunzig Plätzen eingerichtet, der am 17. November des Jahres zum erstenmal benutzt werden konnte.

Unter dem Namen „The Bonninghardt Ridge“ wird im Internet ein Computerspiel angeboten. Nach der deutschen Bedeutung (der Bönninghardter Höhenrücken) zu urteilen handelt es sich wohl um ein Kriegsspiel, welches den schweren Kampfhandlungen von Anfang 1945 nachempfunden ist...

Auch die Geschehnisse auf dem ehemaligen Flughafen meldeten sich im neuen Jahrtausend noch einmal zurück, als im Frühjahr 2004 bei Ausbauarbeiten im Garten eines Hauses nahe der früheren Hauptwache in kaum einem Meter Tiefe Hinterlassenschaften der Kriegszeit zutage befördert wurden.

- Fortsetzung folgt -